Gebaute Atmosphäre
„An meine Projekte versuche ich wissenschaftlich heranzugehen, um nicht nur eine einzige, sondern eine Bandbreite an Lösungen zu entwickeln.“
Der Schweizer Architekt Philippe Rahm nimmt international eine herausragende Position im Bereich des nachhaltigen Bauens ein. Er erforscht die physiologischen Aspekte von Architektur, insbesondere ihre Wechselwirkungen mit klimatischen Bedingungen. Grundlage seiner Projekte sind komplexe Voruntersuchungen und Berechnungen des jeweiligen geographischen, meteorologischen und physikalischen Umfeldes. Darauf basierend entwickelt Rahm Gebäude und urbane Räume, welche die klimatisch-atmosphärische Umgebung einbeziehen.
Für die Gestaltung des 70 Hektar großen Jade Eco Parks in Taiwan teilte Rahm das Terrain in unterschiedliche Klimazonen ein und schuf mittels Vegetation und diversen Konstruktionen idealtypische Flächen für Sport, Spiele, Erholung usw. Für die 8. Architektur-Biennale in Venedig kreierte Rahm ein Raumerlebnis, das dem Betrachter ein Gefühl vermittelte, als stünde er auf Berggipfeln.
Mit seiner Architektur an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Kunst ist Rahm weltweit auf zahlreichen Ausstellungen vertreten, z. B. auf der Architektur-Biennale in Venedig, im San Francisco Museum of Modern Art, CCA Kitakyushu, Centre Pompidou, Manifesta, Louisiana Museum und Guggenheim Museum. Er war Stipendiat der Villa Medici und wurde für internationale Preise wie den Ordos-Preis und den Chernikhov-Preis nominiert. Rahms besondere Herangehensweise und fundierten Kenntnisse der Wechselwirkungen von Architektur und Meteorologie fließen in seine Vorträge und Lehrtätigkeit an renommierten Bildungseinrichtungen ein, darunter die Hochschule Cooper Union, Harvard School of Design, Bartlett School of Architecture UCL, die University of California in Los Angeles, die ETH Zürich und Princeton.
Philippe Rahm zu einer meteorologischen Architektur
Der Klimawandel zwingt uns, Architektur radikal neu zu denken. Wir müssen unseren Fokus weg von einem rein visuellen und funktionalen Ansatz und hin zu einem sensibleren und aufmerksameren verschieben, zu den unsichtbaren, klimabezogenen Aspekten von Räumen. Indem wir vom Massiven zum Hohlen, vom Sichtbaren zum Unsichtbaren und von der metrischen zur thermalen Beschaffenheit gleiten, eröffnet Architektur als Meteorologie zusätzliche, sinnlichere wie wandlungsfähigere Dimensionen, in denen Grenzen verblassen und feste Körper sich verflüchtigen. Die Aufgabe ist nicht länger, Bilder und Funktionen zu erbauen, sondern Klimazonen und Interpretationen zu eröffnen.
Im großen Maßstab betrachtet, erforscht meteorologische Architektur die atmosphärischen und poetischen Potenziale neuer Bautechniken – für Durchlüftung, Heizung, doppelflutiger Lufterneuerung und Dämmung. Im mikroskopischen Maßstab betrachtet, erforscht sie neuartige Bereiche der Wahrnehmung durch Hautkontakt, Geruch und Hormone. Zwischen der unendlich kleinen Welt des Physiologischen und der unendlich weiten des Meteorologischen muss Architektur sinnliche Wechselwirkungen zwischen Körper und Raum herstellen. Sie muss außerdem neue ästhetisch-philosophische Ansätze erfinden, die dauerhafte Veränderungen in der Form und Weise bewirken können, wie wir Gebäude bewohnen.
Philippe Rahm äußert sich zu seinen Beweggründen als Architekt und zu seinem Interesse an Forecast.